Gefühlt jedes zweite Dorf und jede zweite Stadt haben in Frankreich neben dem Ortsschild ein weiteres Schild prangen, das die Kommune für irgendetwas auszeichnet. Für eine schön blühende Stadt, als eines der schönsten Dörfer Frankreichs, für einen Wohnort besonderer Lebensqualität. Aber wer steckt hinter den verschiedenen Labels und welche Kriterien müssen erfüllt werden, um es zu bekommen? In diesem Beitrag schlüssle ich die verschiedenen Auszeichnungen für Euch auf.
Die schönsten Dörfer Frankreichs – les Plus Beaux Villages de France
Die schönsten Dörfer Frankreichs ist sicher das Label, das in Deutschland am bekanntesten ist. Die Auszeichnung wird von einem gleichnamigen Verein vergeben, der 1982 gegründet wurde. Die Geschichte um den Verein nahm ein Jahr zuvor ihren Anfang, als Reader's Digest ein gleichnamiges Buch veröffentlichte. Die Idee, besonders schöne Dörfer in Frankreich in den Mittelpunkt zu stellen, fiel beim Bürgermeister von Collonges-la-Rouge, Charles Ceyrac, auf fruchtbaren Boden. 66 weitere Bürgermeister schlossen sich seiner Idee und seiner Vereinigung an. Heute sind es 158 Dörfer, die das Label tragen. Um es zu bekommen, müssen die Gemeinden fast 30 Kriterien erfüllen. So darf das Dorf nicht mehr als 2.000 Einwohner haben und muss mindestens zwei herausragende Sehenswürdigkeiten, wie zum Beispiel "Monuments Historiques" vorweisen können. Für die Bewerbung braucht es einen Gemeinderatsbeschluss. Zu den weiteren Kriterien zählen auch die Harmonie der Gebäude im Ort, die Qualität der Gebäudesanierung oder die Ästhetik der Straßenbeleuchtung. Die Vergabe ist streng limitiert, nur ein Teil der Bewerbungen wird angenommen. Darüber hinaus muss die Gemeinde Geld für die Expertise aufwenden und einen jährlichen Beitrag für das Label leisten.
In der Normandie stehen folgende Städte auf der Liste der "schönsten Dörfer Frankreichs":
- Calvados: Beuvron-en-Auge
- Eure: Le Bec-Hellouin, Lyons-la-Forêt
- Manche: Barfleur
- Orne: Saint-Céneri-le-Gérei
- Seine-Maritime: Veules-les-Roses.
Mittlerweile folgen auch andere Länder wie Italien oder die Schweiz dem Beispiel und vergeben ihrerseits das Label. Zudem existiert seit 2012 der Verband "die schönsten Dörfer der Welt".
Schöne Kleinstädte – Les Plus Beaux Dètours de France
Ganz ähnlich wie die schönsten Dörfer ist das Label Les Plus Beaux Dètours de France. Das Label für die "schönsten Umwege" Frankreichs wurde 1998 ins Leben gerufen, um den Besuchern touristische Angebote abseits der Haupttouristenrouten schmackhaft zu machen. Heute sind 105 kleine Städte in ganz Frankreich und eine in den Überseegebieten mit dem Label klassifiziert. Allen gemein ist unter anderem, dass sie zwischen 2.000 und 20.000 Einwohner haben, ihr immaterielles und architektonisches Erbe pflegen, eine handwerkliche und gastronomische Identität haben. Auch die Atmosphäre der Stadt spielt eine Rolle für das Aufnahmeverfahren, für das ein gleichnamiger Verein verantwortlich zeichnet. Lohnende Umwege sind in der Normandie:
- Calvados: Honfleur
- Eure: Pont Audemer und Verneuil-sur-Avre
- Orne: Domfront und Argentan
- Seine-Maritime: Eu und Forges-les-Eaux.
Ein Führer mit den 100 schönsten Abstechern wird jährlich von Michelin herausgegeben.
Blühende Städte und Dörfer – Villes et Villages Fleuri
Kennt Ihr in Deutschland den Wettbewerb: "Unser Dorf hat Zukunft / soll schöner werden"? Ganz ähnlich ist Villes et Villages Fleuri gestaltet, das bereits seit 60 Jahren besteht. Vergeben wird die Auszeichnung vom Conseil National des Villes et Villages fleuris, einem Verein. Der Wettbewerb steht allen Städten und Dörfern Frankreichs offen. Ging es anfangs hauptsächlich um die Begrünung der Gemeindeflächen, kommen heute weitere Kriterien ins Spiel, die die Lebensqualität in der Kommune stärken sollen, etwa Umweltschutzmaßnahmen. Mir gefällt diese Idee gut, und der Blumenschmuck in vielen Gemeinden ist wirklich ein Augenschmeichler. Villes et Villages Fleuri wird in fünf Kategorien vergeben: Ein Regionalkomitee vergibt ein, zwei oder drei Blumen. Das Komitee schlägt außerdem die Städte für die höheren Weihen mit vier Blumen vor. Darüber hinaus wird 2008 an besonders schöne Gemeinden mit vier Blumen die goldene Blume vergeben. 2018 haben 4.931 den Status einer blühende Gemeinde erhalten. In der Normandie haben 357 Gemeinden das Zertifikat bekommen, darunter zwölf mit vier Blumen. Im Calvados schmücken sich Cabourg und Honfleur mit vier Blumen, in der Eure Lyons la Forêt und Pont Audemer. In der Manche sind Cherbourg-Octeville, in der Orne der Kurort Bagnoles de l'Orne und Saint Fraimbault mit vier Blumen dekoriert. Am buntesten ist es Seine-Maritime: Hier tragen Autretot, Eu, Mesniers-en-Bray, Montville und Port-Jérôme-sur-Seine vier Blumen. Außerdem wurde der Stadt Maromme (Seine-Maritime) der "Prix National de l’Arbre" zuerkannt – als einziger Gemeinde in ganz Frankreich. Als Département Fleuri darf sich die Eure bezeichnen.
Kleinstädte mit Charakter – Petite Cités de Caractère
170 kleine Städte in ganz Frankreich schmücken sich mit der Auszeichnung Petite Cités de Caractère, die seit 1975 für ein bemerkenswertes Kulturerbe vergeben wird. Auch hinter diesem Label steckt ein Trägerverein. Ursprünglich wurde die Auszeichnung nur in der Bretagne vergeben, erst seit 2008 existiert der Preis auf nationaler Ebene. Es werden nur Städte mit weniger als 6.000 Einwohnern aufgenommen, die als Monument Historic klassifiziert sind oder ein bemerkenswertes Kulturerbe aufweisen. Außerdem soll die Gemeinde ein urbanes Stadtbild haben und mehrere Jahre Haushaltsmittel für den Erhalt und die Aufwertung des architektonischen Erbes bereitstellen. In der Normandie sind es die kleinen Städte in der Orne, die sich mit dem Label schmücken dürfen: Domfront, Sees, Bellême, La Perrière, Longny au Perche, Le Sap, Saint-Céneri-le-Gérei und Écouché.
Städte und Gegenden der Kunst und Geschichte – Villes et Pays d'Art et d'histoire
Das Label "Villes et Pays d'Art et d'historie" ist ein offizielles französisches Label, das vom Ministère de la Culture, dem Kulturminister, vergeben wird. 120 Städte und 70 Gegenden sind in ganz Frankreich zertifiziert. Um klassifiziert zu werden, müssen die Gemeinden oder Gegenden ihr kulturelles Erbe herausstellen, aber auch die Sensibilisierung der Bevölkerung für Umweltschutz, Qualifizierungsmaßnahmen für die kommunalen Mitarbeiter und ein besonderer Umgang mit den Touristen stehen auf der Agenda. In der Normandie haben es folgende neun Gemeinden und Regionen auf die Liste geschafft:
Tourismuslabels – Qualité Tourisme, Tourisme & Handicap, Commune Touristic
Bei dem Label Qualité Tourisme handelt es sich ebenfalls um eine staatliche Auszeichnung, die seit 2005 vergeben wird. Insbesondere Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften stehen im Mittelpunkt, aber auch die Kundenzufriedenheit der Urlauber. Nicht nur Tourist-Informationen können ausgezeichnet werden, sondern auch Restaurants und Beherbergungsbetriebe, Museen und andere Institutionen. Rund 11.500 Betriebe in ganz Frankreich haben sich für das Label qualifiziert. Das Label "Tourisme & Handicap" wird an solche Betriebe vergeben, die einen barrierefreien Urlaub ermöglichen. Das Label wird sowohl an Tourist-Informationen, als auch an Restaurants, Hotels, Campingplätze, Freizeitparks oder Freilichtmuseen verliehen. Städte und Gemeinden wiederum können sich um das staatliche Label Commune Touristique bewerben. 1.024 waren es zu Beginn des Jahres 2019. Besonders klassifizierte Städte erhalten zudem den Titel Station Classée de Tourisme. Die Labels werden von der jeweiligen Präfektur vergeben und sind fünf beziehungsweise zwölf Jahre gültig. Für den Titel Klassifizierter Touristenort müssen die Gemeinden rund 50 Kriterien erfüllen. Klassifizierte Orte sind in der Normandie:
- Calvados: Bayeux, Honfleur, Courseulles-sur-Mer, Saint-Aubin-sur-Mer, Luc-sur-Mer, Ouistreham, Merville-Franceville-Plage, Cabourg, Houlgate, Villers-sur-Mer, Blonville-sur-Mer, Deauville, Trouville-sur-Mer.
- Manche: Barneville-Carteret, Donville-les-Bains und Granville.
- Orne: Bagnoles de l'Orne.
- Seine-Maritime: Étretat, Fécamp, Le Havre, Le Treport und Forges-les-Eaux.
Wasser und Umwelt – Pavillon Bleu
Hinter der Auszeichnung Pavillon Bleu steckt ebenfalls wieder ein Verein, Teragir, der 1983 gegründet wurde. Ursprünglich hieß man L’office français de la Fondation pour l’Education à l’Environnement en Europe – das klang wohl selbst als eine bei den Franzosen so beliebten Abkürzung noch zu sperrig, weswegen 2016 eine Umbenennung erfolgte. Mit dem ursprünglichen Namen wird aber klar, dass es eigentlich um Umweltschutz geht. Deshalb bekommen nur die Gemeinden die Blaue Flagge, die neben ausgezeichneter Wasserqualität auch Umweltschutzmaßnahmen ergreifen. Eine davon ist, Tiere, also auch Hunde, am Strand zu verbieten. Wie das zu regeln ist, überlässt Teragir den Kommunen, die das ganz unterschiedlich handhaben: Die einen setzen auf ein Verbot in der Badesaison oder nur am bewachten Badestrand, wie etwa Barneville-Carteret oder Portbail, andere sperren den gesamten Gemeindestrand das ganze Jahr über für Hunde, wie es Gouville-sur-Mer 2018 getan hat. Ganz ehrlich: An einem gut besuchten Badestrand macht es im Juli/August ja auch Sinn, aber rechts und links an den wilden Stränden, wo das Baden zum Teil sogar verboten ist? In meinen Augen wird zudem das wahre Problem der Wasserverschmutzung kaschiert, denn in vielen Plages reichen die Kapazitäten der Kläranlagen in der Hochsaison nicht aus. Dennoch wollen immer mehr Gemeinden mit dem Blauen Pavillon BesucherInnen locken. Am 22. Mai 2019 werden die neuen Preisträger bekannt gegeben. 2018 waren es in der Normandie:
- Calvados: Colleville-Montgomery, Courseulles-sur-Mer, Honfleur, Pont l'Evêque
- Manche: Agon-Coutainville, Barneville-Carteret, Brehal, Carolles, Coudeville-sur-Mer, Gouville-sur-Mer, Granville, Julloville, Les Pieux, Portbail, Saint-Pair-sur-Mer, Siouville Hague.
- Seine-Maritime: Dieppe, Fécamp, Saint-Jouin-Bruneval, Saint-Valery-en Caux.
Übrigens ist an vielen Orten die Wasserqualität auch ohne Pavillon Bleu ausgezeichnet, und Ihr könnt sie punktgenau auf dieser staatlichen Seite recherchieren.
Ökotourismus, Familien und Angler: Station Verte & Co.
Die "Fédération Française des Stations Vertes de Vacances et des Villages de Neige"vergibt das Label Station Verte für Ökotourismus. Auch für diese Auszeichnung muss die Stadt oder Gemeinde bestimmte Bedingungen erfüllen. So werden nur kleine Städte in das Programm aufgenommen, die Einwohnerzahl darf nicht mehr als 10.000 betragen. Die Gemeinde muss zudem Zugang zu besonderen Naturräumen wie Flüssen, Wald oder pittoresken Naturschönheiten bieten und soll über eine Bademöglichkeit oder Schwimmbad verfügen. Der Ort soll zudem ein gut beschildertes und gepflegtes Netz für Radfahrer und Wanderer vorweisen.
In der Normandie sind folgende Gemeinden mit dem Label "Station Verte" klassifiziert:
- Calvados: Clécy, Colleville-Montgomery, Pont-d'Ouill, Saint-Sever-Calvados
- Manche: Mortain, Pontorson, Saint-Sauveur-le-Vicomte,
- Orne: Bagnoles-de-l'Orne, Bellême, Vimoutiers
- Eure: Breteuil-sur-Iton, Cormeilles, Lyons-la-Forêt, Pont-de-l'Arche
- Seine-Maritime: Aumale, Eu, Hautot-sur-Mer, Jumièges, Saint-Aubin-sur-Mer, Saint-Saëns, Sassetôt-le-Mauconduit, Val-de-Saâne, Veules-les-Roses, Quiberville.
Der selbe Trägerverein vergibt – zusammen mit der Association Nationale des Élus des Territoires Touristiques und der Association Nationale des Maires des Stations de Montagne–Ski France – auch das Prädikate "Famille Plus" für besonders familienfreundliche Städte und Gemeinden. In der Normandie wurde der Preis an Agon-Coutainville (Manche), Hauteville-sur-Mer, Saint-Hilaire-du-Harcouët (Manche) und Le Havre sowie Forges-les-Eaux (Seine-Maritime) vergeben. Die gesamte Touristenregion Côte d'Isles (Manche) ist ebenfalls als besonders familienfreundlich anerkannt. Im Calvados sind die Städte Blouville-sur-Mer, Cabourg, Houlgate, Merville-Franceville-Plage, Trouville-sur-Mer und Villers-sur-Mer mit dem Label versehen. Im übrigen können sich auch Beherbergungsbetriebe, Event-Veranstalter und Restaurants um eine Klassifizierung mit "Famille Plus" bewerben.
Mit dem noch jungen Label "Station Pêche" für Gemeinden mit einem speziellen Angebot für Angler schmückt sich die Ortschaft Le Mêle-sur-Sarthe in der Orne.
Toutourisme – das Label für Hundeurlauber
Und hättet Ihr gedacht, dass es auch ein Label für Hundeurlauber gibt? Aber klar: Toutourisme entstand 2007 in der Tourist-Information von Troyers. Grundgedanke war, Urlauber mit Tieren besser zu informieren und ihnen einen freundlichen Empfang zu bereiten. So gibt es in jeder angeschlossenen Tourist-Info eine Broschüre, in der Ihr alles Wissenswerte über die Region vermittelt bekommt, angefangen von hundefreundlichen Unterkünften bis hin zu den Regeln an den Stränden. Euer Vierbeiner kann sich an der Toutou-Bar erfrischen und es gibt ein kleines Willkommenspaket für Mensch und Hund. In der Normandie haben sich die Urlaubsregion Coutances und der Großraum Lisieux dieser symphahischen Idee angeschlossen. Neu hinzugekommen ist das Terroir de Caux in Seine-Maritime. Schaut doch mal rein und schreibt mir über Eure Erfahrungen!
Wählen gehen – Le Village préféré des Francais
Ein anderes Konzept verfolgt der Fernsehsender France 3 mit seinem Wettbewerb Le Village préféré des Français. Jedes Jahr stehen 14 Orte und Dörfer aus ganz Frankreich zur Wahl und werden in einer speziellen Sendung vorgestellt. Von 2012 bis 2015 waren es 22 Orte, mit einer Verringerung der Regionen wurde auch die Anzahl der vorgestellten Gemeinden reduziert. Den größten Erfolg erzielte bei der Erstauflage in 2012 Barfleur, das Dritter wurde. Veules-les-Rosese in Seine-Maritime ergatterte 2013 den sechsten Platz. 2014 landete Étretat ebenfalls auf Platz sechs, 2015 reichte es für Lyons-la-Forêt nur auf Platz 19. 2016 erreichte Varengeville-sur-Mer Platz acht, 2017 wurde Bellême in der Orne sechster, 2018 landete Le-Mont-Saint-Michel auf Platz fünf. Dieses Jahr ist die Abstimmung geschlossen, das Ergebnis wurde aber noch nicht bekannt gegeben. Die Manche hat Saint-Vaast-La-Hougue im Val de Saire ins Rennen geschickt., das am 26. Juni 2019 den Titel gewinnen konnte!
In 2020 findet der Wettbewerb abermals statt, und für die Normandie geht Giverny ins Rennen, ein Dorf, das Euch vor allem wegen Monets Garten bekannt sein dürfte. Abstimmen könnt Ihr auf der Wettbewerbsseite des Senders.
Internet für alle – Label National Territoires, Villes et Villages Internet
So etwas würde ich mir auch in Deutschland wünschen, ein Label, das sich mit dem Internet beschäfigt. In Frankreich ist das kein Neuland, sondern das Label "Label National Territoires, Villes et Villages Internet" wird schon seit 1999 vergeben. Rund 1.200 Gemeinden und Städte wurden 2019 mit den @@@ für ein Internet der Bürger ausgezeichnet. In der Normandie waren das 2019 Saint-André de l'Eure, Longchamps, Ménilles, Ouistreham, Sierville, Bois-Guillaume, Vernon, Fleury-sur-Orne, Forges-les-Eaux, Pont-Audemer, Val-de-Reuil. Die Gebietskörperschaften CC du Vixin Normand und CA Caux Vallée de Seine dürfen sich "Internet Territorium" nennen.
Damit ist das Ende der Liste längst noch nicht erreicht, es gibt zahlreiche weitere nationale und unabhängige Labels. Begebt Euch doch mal auf Spurensuche und besucht die hier erwähnten Dörfer und Städte. Wo seid Ihr schon gewesen? Welche Labels kennt Ihr noch? Schreibt es mir in den Kommentaren!
Bemerkung: Aktualisiert am 2. März 2020.
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