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"Pêche aux Paillots" in der Manche – eine Gefahr für Eure Hunde

Im Dezember 2024 häuften sich – mal wieder – die Berichte darüber, dass sich Hunde mit am Strand herumliegenden Angelhaken verletzt haben. Die Ursache dafür sind am Strand ausgebrachte Angelhaken für eine sehr rustikale Art der Grundfischerei, die "Pêche aux Paillots", die an der gesamten Westküste der Manche weit verbreitet ist und hauptsächlich in den Herbst- und Wintermonaten praktiziert wird. Was Ihr darüber wissen müsst, und wie Ihr Eure Hunde schützen könnt, erfahrt Ihr in diesem Beitrag.

Jedes Jahr berichten UrlauberInnen über am Strand ausgelegte Angelhaken, weit draußen in der Gezeitenzone. Auch verletzte Hunde, die in einen Angelhaken getreten sind oder versucht haben, des Köders oder der Beute habhaft zu werden und sich dann den Haken in die Lefzen jagen, gibt es leider jedes Jahr zu beklagen.

In 2024 erreichte das Phänomen die Tierschutzorganisation "Fondation Brigitte Bardot" – und erzielte damit eine gewaltige Reichweite in den Sozialen Medien. Dabei handelt es sich um keine neue, exotische Angelmethode, die Fischer und Angler in der Manche und auf dem Cotentin praktizieren diese Art des Fischens schon seit Jahrhunderten. Ein kleiner Hinweis darauf ist der eingebürgerte Name: "Pêche aux paillots" bedeutet übersetzt: Fischen mit (kleinen) Strohballen. Früher wurden die Angelschnüre nämlich an so einem kleinen Büschel Stroh befestigt, das dann im Sand verbuddelt wurde (heute hängt da ein geknotetes Seil dran). Tatsächlich ist diese Art des Fischens hauptsächlich in der Manche verbreitet, weil es hier besonders große Gezeiten gibt. Ähnliche Techniken des Grund- oder Setzangelns sind aber gang und gäbe und sind auch aus den Niederlanden und anderen europäischen Ländern bekannt.

Wissenswertes zur "Pêche aux Paillots"

Der große Tidenhub an der Westküste der Manche erleichtert den Anglern die Arbeit. Denn sie legen die Haken bei Ebbe aus und holen sie bei  wieder ablaufendem Wasser ein. Wenn Ihr wisst, dass vor allem die Zeiten mit großem Tidenhub interessant sind und dieser eben abends und morgens ist, dann wisst Ihr auch: Um den Fisch zu bekommen, muss man nachts aufstehen! (Und kalt ist es auch noch... ).

Das Fischen mit dieser Methode ist, wie alles in Frankreich, reglementiert, zwischen dem 15. Juni und dem 15. September, in manchen Orten auch bis zum 15. Oktober, ist die "Pêche aux Paillots" untersagt. Jeder Angler darf maximal 60 Schnüre auslegen. Der Bereich, in dem die Schnüre ausgelegt werden, muss am Anfang und Ende mit Schwimmern oder kleinen Bojen gesichert sein, auf denen auch der Name und Vorname des Eigentümers zu finden ist. Sie sollen so groß sein, dass sie von anderen Strandnutzern gesehen werden. Außerdem dürfen die Schnüre nur unterhalb des Halbflutpegels auf dem Strand befestigt werden. Also jenseits der gedachten Mitte zwischen Fluthöchststand und Ebbeniedrigststand Richtung Meer.

Vor allem die großen Gezeiten sind von Erfolg gekrönt, der Gezeitenkoeffizient sollte mindestens 80 betragen.

Es braucht viel Fachwissen, Erfahrung, Geschick und ein bisschen Mut, um mit dieser Methode zu fischen. Man benötigt Ortskenntnis, um zu wissen, wo das Auslegen Erfolg verspricht und muss den Strand lesen können, denn das Meer formt den Meeresboden jeden Tag neu und damit auch die wirklich guten Stellen für den Fischer. Man muss seine Schnüre fertigen, nach den Ködern graben (Sandaale, Wattwürmer, Pantoffelschnecken...) und schließlich die Schnüre, alle paar Schritte eine Schnur, ausbringen und eingraben, was rund anderthalb Stunden Zeit erfordert. Und dann muss der Angler rechtzeitig vor der nächsten Totalebbe wieder vor Ort sein und seinen Fang einbringen, den ihm Füchse und Möwen streitig machen wollen. Wie oben geschrieben: Das kann dann mitten in der Nacht sein! Immer wieder kommt es bei dieser Art des Fischens auch zu tödlichen Unfällen, weil der Fischer oder die Anglerin sich im Dunkeln oder im Seenebel verläuft. Geangelt wird mit dieser Art des Fischens übrigens hauptsächlich Barsch, aber auch Plattfische und sogar Katzenhaie und Rochen gehören zu den bevorzugt gefischten Arten.

Eine ähnliche Praktik ist das Fischen mit der Langleine. Hierbei sind quasi alle Haken an einer Leine befestigt, maximal 60 pro Leine dürfen es sein. Auch die Langleinen werden auf dem Grund befestigt und müssen mit Bojen gekennzeichnet werden. Zudem ist das Fischen mit Stellnetzen (Filet fixe) verbreitet, dieses muss man sich aber jedes Jahr aufs Neue genehmigen lassen (und man darf zum Beispiel damit keine Barsche fangen). Bei der Stellnetzfischerei werden Netze in die Gezeitenzone ausgebracht und am Grund befestigt, auch das kann immer wieder an der Küste des Cotentin beobachtet werden.

Zusammengefasst lässt sich feststellen:

  • Diese Form des Grundangelns wird nur vom 15. September bis 15. Juni praktiziert. Im Sommer ist sie verboten. Hauptaktivität ist im Herbst und Winter.
  • Erfolgsversprechend ist sie bei einem Gezeitenkoeffizienten größer 80.
  • Da die "Pêche aux Paillots" sehr aufwendig ist, wird sie überwiegend dort praktiziert, wo es direkte Strandzugänge gibt (Ausnahmen bestätigen die Regel!)

Bildergalerie fürs bessere Verständnis

Gefahren für Hunde durch Grundangeln

Ein Angelhaken steckt in der Lefze eines Königspudels.
Hat sich Euer Hund an einem Angelhaken verletzt, ist dies ein Fall für den Tierarzt. Foto: Gine Loose

Ihr habt jetzt schon gelernt: Das Grundangeln ist eine Wissenschaft für sich und mit einem gewissen Aufwand verbunden. Es ist eine der gelebten Traditionen auf dem Cotentin, die es zu achten und letztendlich zu schützen gilt. Auch wenn sie uns als HundehalterInnen nicht gefällt. Denn eins ist unbestritten: Es besteht eine gewisse Gefahr für Hunde am Strand, wenn die Paillots ausliegen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass:

  • Hunde Haken mit Köder ausgraben und sich dabei verletzen können, vor allem an den Lefzen und den Pfoten,
  • Hunde Haken mit Fisch oder Fischresten zwischen die Zähne bekommen können,
  • Hunde frei liegende Haken aufstöbern oder sich beim Herumtollen daran verletzten,
  • Hunde sogar Angelhaken verschlucken können,
  • Haken nicht wiedergefunden werden (schließlich ist es meist stockfinser beim Einsammeln) und diese offen am Strand rumliegen,
  • Haken von Meerestieren, Vögeln oder Säugetieren geräubert werden und deswegen offen auf dem Sand liegen,
  • Haken und Schnüre vom Wind oder Algeneintrag gelöst werden und deswegen ungeschützt auf dem Strand liegen (auch an Stellen, wo sie nicht hingehören!)

Eure Hunde verletzen sich hauptsächlich an den Lefzen (wenn sie neugierig versuchen, Haken mit Köder oder Fisch aufzunehmen) oder an den Pfoten (beim Drüberrennen über nicht mehr gesicherte/bestückte Haken oder auch beim Ausbuddeln der Haken!).

 

 

Im Fall des Falles: ab zum Tierarzt!

 

 

 

Sollte sich Euer Hund an einem Angelhaken verletzen, solltet Ihr den Haken nicht einfach rausziehen. Die Gefahr, dass Ihr die Verletzung schlimmer macht, als sie ohnehin schon ist, ist relativ groß. Schneidet in diesem Fall die Schnur ab und bringt Euren Hund schnellstmöglich in die nächste Tierarztpraxis. In der Regel ist eine Operation unter (Voll-)Narkose nötig, um den Haken aus dem Tier zu bekommen. Gerade an der empfindlichen und dünnen Haut der Lefzen solltet Ihr nicht selber herumdoktern. Der Tierarzt hat geeignete Instrumente und desinfiziert anschließend die Wunde. 

Verletzungen durch Setzangeln vorbeugen

Am besten lasst Ihr es gar nicht erst zu einer Verletzung kommen. Ein paar Tipps helfen Euch dabei:

  • Lauft bei Ebbe auf der oberen Hälfte des nassen Strandabschnitts, da die Grundangeln meist weiter draußen (dh. Richtung Meer) liegen
  • Geht 100 Meter vom Strandzugang weg und leint erst dann Eure Hunde ab, da die meisten Grundangeln im Bereich des Strandzugangs liegen.
  • Überprüft vor dem Ableinen, ob am Strand Schwimmer oder kleine Bojen liegen (siehe Fotos oben).
  • Haltet Eure Hunde unter Kontrolle.
  • Seid besonders aufmerksam an Tagen mit hohem Koeffizienten. Relevant sind fürs Grundangeln Tage mit einem Gezeitenkoeffizienten über 80. Die Termine in nächster Zeit sind:
    • 13. bis 18. Dezember 2024 (bis 89)
    • 1. Januar bis 4. Januar 2025 (bis 83)
    • 13. bis 17. Januar (bis 86)
    • 29. Januar bis 3. Februar (bis 99)
    • 12. bis 16. Februar 2025 (bis 90)
    • 27. Februar bis 5. März (bis 111, Grandes Marées)
    • 13. bis 17. März (bis 90)
    • 27. März bis 2. April (bis 114, Grandes Marées)
    • 11. bis 15. April (bis 85)
    • 25. April bis 1. Mai (bis 108, Grandes Marées)
    • 25. bis 30. Mai (bis 97)
    • 20. bis 24. September (bis 91)
    • 5. bis 11. Oktober (bis 110, Grandes Marées)
    • 20. bis 23. Oktober (bis 86)
    • 3. bis 9. November (bis 106, Grandes Marées)
  • Betroffen sind hauptsächlich die Strände an der Westküste der Manche. Beobachtungen wurden gemeldet von:
    • Les Pieux
    • Surtainville
    • Baubigny
    • Hatainville
    • Carteret (an der alten Kirche)
    • Portbail
    • Surville
    • Bretteville/Ay
    • Saint-Germain-sur-Ay (FKK-Strand, zwischen den Felsen und Richtung Havre)
    • Créances
    • Montmartin-sur-Mer.
  • Wenn Ihr seht, dass Fischer am Herumgraben sind, könnt Ihr sicher sein, dass gerade Setzangeln ausgebracht werden. Wir wurden in Hatainville schonmal extra von Anglern angesprochen und gewarnt.
  • Ein Messer oder einen Seitenschneider sollte Ihr am Mann oder an der Frau haben, um die Schnur durchzuschneiden, falls Euer Hund einen Haken erwischt.
  • Auf keinen Fall dürft Ihr die Anlagen zerstören oder einsammeln!
  • Falls Ihr losgerissene Schnüre/Haken findet, könnt Ihr diese an den Bacs a Marée am Strandzugang deponieren.

Fazit: Pêche aux Paillots – nicht ganz ungefährlich für Hunde

Pêche aux Paillots ist eine alte Fischereitechnik, die vor allem in der Manche ausgeübt wird. Bevorzugt sind Tage mit hohem Gezeitenkoeffizienten. Im Sommer, vom 15. Juni bis 15. September, ist das Setzangeln verboten.  Für Eure Hunde besteht die Gefahr der Verletzung durch offenliegende Angelhaken oder weil sie Haken ausbuddeln. Mit Umsicht beim Strandspaziergang kann das Risiko einer Verletzung minimiert werden. An den Stränden des Cotentin ist in der Regel genug Platz, um den Anglern aus dem Weg zu gehen.

Offenlegung/Quellen/Danksagung

Alle Informationen wurden sorgfältig recherchiert. Habt Ihr einen Fehler entdeckt, Ergänzungen zum Artikel? Dann schreibt eine Mail an barbara[at]chienormandie.de.

Verwendete Quellen:
https://www.manche.gouv.fr/contenu/telechargement/27828/199546/file/Synth%C3%A8se+de+la+r%C3%A9glementation+de+la+p%C3%AAche+maritime+-+2016.pdf

https://apam50.jimdofree.com/p%C3%ABches-traditionnelles/p%C3%AAche-aux-paillots/

https://www.la-peche-a-pied.fr/pecher-du-bar-au-paillot.html
https://fr.wikipedia.org/wiki/Paillot_(p%C3%AAche)

https://www.ouest-france.fr/sciences/animaux/des-chiens-blesses-par-des-hamecons-sur-les-plages-du-cotentin-un-appel-a-la-prudence-lance

 

Ich bedanke mich bei Yvonne Frey, Andrea Hildinger, Silke Hippe und Gine Loose für die Fotos! Ohne die wäre dieser Artikel nicht möglich gewesen.

Stand: 15. Dezember 2024

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Monika (Sonntag, 15 Dezember 2024 21:11)

    Vielen Dank, liebe Barbara für diesen interessanten und sachlichen Bericht.
    Liebe Grüße und ein schönes Weihnachtsfest

  • #2

    Regine Loose (Montag, 16 Dezember 2024 20:04)

    Vielen Dank für Deine wie immer sehr gut recherchierten Informationen. Mut den von Dir aufgeführten Daten wird es für uns auch leichter es im Auge zu behalten. Vielen Dank für Deine unermüdliche Arbeit.


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