Kleine Runde am Cap Carteret

Der Zöllnerpfad, der "Sentier des Douaniers", führt einmal rund um die Manche, von Carteret bis zum Mont-Saint-Michel. Ihr müsst aber gar nicht auf die gesamten 446 Kilometer des GR 223 gehen, vielerorts gibt es auch kleine und große Rundwanderwege, mit denen Ihr Euch das Terrain erschließen könnt.  Zum Beispiel auch am Cap Carteret. Hier kommt Ihr auf der kleinsten Runde sogar mit rund 4 Kilometern davon – ideal für eine morgendliche Gassirunde!

An der Westküste des Cotentin hatte ich mich bislang nie an die Rundwege getraut. Steil, steinig, gefährlich und die Leinenhalterin mit akuter Höhenangst sind eine denkbar schlechte Kombination. Eine Diskussion in meiner "chiennormandie"-Gruppe, ob und welche Abschnitte für Hasenherzen wie mich geeignet sind, haben mich dazu veranlasst, im August 2022 tatsächlich erstmals ein Stück zu gehen, von dem mir bislang beim puren Gedanken daran der Angstschweiß ausgebrochen ist. Aber gut: Wirklich über den Zöllnerpfad muss ich hier ja nur ein paar Meter, das schaffe ich! (Notiz an mich selbst: Nie wieder in der Hochsaison, wenn gefühlt jeden Meter ein Jogger entgegenkommt oder zum Überholen ansetzt, was jedes Mal eine Schnappatmung auslöst).

Ich höre das Gelächter all jener, die nicht wissen, wie sich eine echte Panikattacke anfühlt, bis an den heimischen Schreibtisch. Gut, Ihr sollt Euren Spaß haben und – ich hatte ihn an diesem Morgen auch. Inklusive dem Hochgefühl, etwas in mir bezwungen zu haben, das sich nicht (rational) steuern oder kontrollieren lässt. 

Aber von Anfang an: Um den kleinen Rundweg anzugehen, parkt Ihr in Carteret am Anfang des Fischereihafens. Beim Le Russel folgt Ihr der Straße den Berg hoch – eine rot-weiße und gelbe Bake zeigen Euch den Weg an. Zunächst könnt Ihr ganz gemächlich der Straße folgen und die Aussicht genießen. Ein fester Fußweg, kein Abgrund und trotzdem ein fantastisches Panorama – Herz, was willst du mehr? Ihr folgt also der Route de la Corniche (was genau das bezeichnet: Eine Straße über einer Steilküste), die oberhalb des Strandes La Potinière entlangführt, bis Ihr links zum Zöllnerpfad abbiegt. Das erste Stück ist noch recht komfortabel und sogar breit, aber zunehmend wird es enger und auch etwas felsiger. Ab und an müsst Ihr mal etwas über die Felsen klettern (was ich klettern über Felsen nenne: einen halben Meter :-) ) und mit Kinderwagen, Hundebuggy oder Rollator seid Ihr definitiv fehl am Platz. Aber: gefährlich ist es nicht! Und ein zusätzliches Bergziegen-Diplom braucht Ihr nicht, auch nicht Eure Hunde. Absolut empfehlenswert allerdings: Feste Schuhe, Leine, Halsband oder Geschirr (bei Hunden wie meinen, die an der Leine schon gerne mal auf Zug gehen, ist ein Geschirr praktischer). Wasser für Mensch und Tier, denn Schatten gibt es nirgends.

Nicht versäumen solltet Ihr einen Stopp an der Cabane Vauban, die sich direkt unterhalb des Nez de Carteret befindet. Dazu müsst Ihr an der kleinen Wegkreuzung dem Abzweig nach links folgen. Das Wachhäuschen ist wirklich sehenswert und lohnt einen Stopp, allerdings war der Weg dahinter (der zum Zöllnerpfad zurückführt) bei unserer Wanderung gesperrt, sodass wir zurück zur Gabelung mussten. Hier führt Euch entweder der Zöllnerweg weiter und Ihr könnt über die Vielle Èglise (mit dem "berühmtesten Loch" des Cotentin) weiter Richtung Hatainville marschieren und noch die Runde durch die Dünen mitnehmen, bevor Ihr Euch auf den Rückweg Richtung Carteret macht – oder Ihr erklimmt das Cap selbst.

Folgt jetzt ein Stück der Rue de Cap und biegt dann rechts ein in Rue de la Roche Biard. Der Gang lohnt wegen der außergewöhnlichen Häuser – und wegen des Felsen selbst. Die Roche Biard besteht aus verwittertem und zerklüftetem weißem Quarzit. Sie ist stattliche 77 Meter hoch und somit tatsächlich der höchste Punkt der Gemeinde Barneville-Carteret. Die Roche Biard wurde bereits 1942 in die Liste der klassifizierten Sehenswürdigkeiten aufgenommen. Eine Orientierungstafel gibt Euch über die wichtigsten Punkte im Umkreis Auskunft. Weniger schön ist die Tatsache, dass allerhand Müll, Glasscherben und Unrat diesen schönen Ort verschandeln.

Von der Roche Biard lauft Ihr die Straße weiter bis zur Rue Dennemont. Ihr gelangt in ein Villengebiet mit wirklich verwunschenen Häusern und parkähnlichen Gärten, die ich so in Carteret nie vermutet hätte – hier ist es wirklich idyllisch, und weitab vom oftmals hektischen Geschehen unten in der Innenstadt. Fast fühlte ich mich hundert Jahre zurückversetzt.

Ich fand den Weg sehr abwechslungsreich und an manchen Punkten wirklich überraschend. Auf dem Stück könnt Ihr viel sehen oder die Runde zu einer größeren Wanderung ausbauen. Und die Hasenherzen? Die schauen auf meine interaktive Karte, Ihr müsst Euch nichts beweisen! Die "rote Route" führt Euch einfach der Straße entlang, tolle Aussichten könnt Ihr aber gefahrlos oben beim Leuchtturm genießen. Auch an der Roche Biard ist nichts, was den Puls hochtreibt. Die Angsthasenroute ist etwas kürzer und nicht ganz so steil im Aufstieg aufs Cap.