Isigny-sur-Mer – das hässliche  Entlein

Wart Ihr schon mal in Isigny-sur-Mer? Wahrscheinlich habt Ihr es links oder rechts beim Vorbeifahren liegen gelassen und Euch gedacht, wie hässlich es doch ist, mit seinen markanten Fabrikbauten, in denen so vorzüglicher Käse produziert wird. Tatsächlich hat Isigny den Ruf, unattraktiv zu sein. Dabei glänzt das Städtchen mit ein paar inneren Werten und lohnt definitiv einen Stopp!  Kommt mit!

Fischerhäuschen in Isigny-sur-Mer in der Normandie.
Die kleinen Fischerhäuschen sind heute farbenfroh bemalt.
Fischerboote in Isigny sur Mer auf einer historischen Postkarte.
Historische Ansicht auf das Quartier des Hogues.

Gut: die klassische Touristenschönheit wird Isigny wahrscheinlich nicht mehr werden. Zu prägend sind die Bauten der Milchindustrie, die das Städtchen weltweit berühmt gemacht haben. Aber es ist, trotz der massiven Zerstörungen während des Zweiten Weltkriegs, charmant. Ein echter Lieblingsplatz in Isigny ist das Quartier des Hogues: Das ehemalige Fischerviertel liegt auf der Zusammenfluss der Inneren und Äußeren Aure auf einer Halbinsel. Die Cale aux Moules (Muschelrampe) diente früher dem Anlanden der Fischerboote. Das Leben war hart: In kleinen Booten, den "Picoteux“ und später den „Doris“, ruderten die Männer mit zu dritt hinaus, um Miesmuscheln und Herzmuscheln zu fischen. 

Heute findet Ihr an der Landzunge oft kunstvoll geschmückte Boote vor den bunten Fischerhäuschen liegen, eine Reminiszenz an diese Tage. Ein Rundgang durch das Viertel entführt Euch in eine Zeit, da Häuser und Gassen sehr schmal waren (und auch die Einkünfte!). So mancher Bewohner hat sich kreativ an der Fassade ausgetobt, achtet daher unbedingt auf die kleinen Details. 

Ein weiterer Rundgang durch die Innenstadt zeigt Euch einen typischen normannischen Marktflecken. Der Krieg hat seine Spuren hinterlassen – Isigny wurde zu 60 Prozent zerstört – trotzdem lässt sich so manche idyllische Ecke entdecken. Auf dem zentralen Platz, der Place de Gaulle, ist jeden Mittwoch und Donnerstag vormittags Markt. Macht einen Abstecher zur Rue de Brésil: Das Haus Nummer 20 besticht mit einem kunstvollen Porzellan-Mosaik, ein Zeuge der einstigen Manufacture de porcelaine d'Isigny, der nur ein kurzes Leben beschieden war.  Ein paar Schritte weiter könnt Ihr die ersten Bauten der alten Laiterie Modèle  entdecken. 

Schaufenstermalerei mit Käse in Isigny-sur-Mer in der Normandie.
Der Camembert ist im Stadtbild von Isigny allgegenwärtig.

Isigny und Milch, das gehört zusammen. Schließlich grasen hier die Kühe auf den fetten Wiesen, die vom Wechselspiel von Salz- und Süßwasser geformt wurden, und deshalb besonders mineralreich sind. Nirgendwo sonst auf der Welt geben die Kühe eine so gehaltvolle und cremige Milch – jeder Normanne wird diese Aussage unterschreiben.

Schon im 17. Jahrhundert war die Stadt ein bedeutendes Zentrum des Butterhandels. Dank der Marais Salants, der Salzmarsche, konnte die Butter gesalzen werden. Dadurch war sie länger haltbar und überstand sogar den Transport ins ferne Amerika. Mit dem Bau des Hafens ab 1804 florierte der Handel, mit England und den Kanalinseln, aber auch mit Übersee: Sogar in Brasilien fand die leckere Butter aus Isigny ihre Abnehmer. Und hättet Ihr gewusst, dass sie Sauce Hollandaise ursprünglich eine Sauce d'Isigny war? Hier erzähle ich Euch mehr über die kalorienhaltige Köstlichkeit mit mehreren Nationalitäten. 

Die Milch macht's!

Eine Milchkanne steht auf einem Hocker, es ist eine Kuh drauf gemalt.
Milch ist bis heute das wichtigste Erzeugnis in Isigny.

Bis heute ist der Ort von den Milchproduzenten geprägt, von der Molkerei Isigny Sainte-Mère am Ortseingang Richtung Caen und den Caramel d'Isigny, die ihre Halles d'Isigny Richtung Carentan errichtet haben. 

Isigny Ste-Mère ist ein Zusammenschluss zweier Milchgenossenschaften: der seit 1932 bestehenden Genossenschaft von Isigny-sur-Mer im Calvados und der 1909 gegründeten Genossenschaft von Sainte-Mère-Eglise in der Manche. Bekannt ist die Kooperative heute vor allem durch ihre unvergleichlichen Käse, Créme und Butter. Die Produkte werden regelmäßig mit Preisen überschüttet. Ein neues Fabrikgebäude entstand für die Produktion von Baby-Milchpulver – 2,5 Millionen Babys werden tagtäglich mit Milchpulver aus Isigny gefüttert. 

In den 1930er Jahren kam die Idee auf, aus der Milch aus Caramel herzustellen. Die Caramel d'Isigny erwiesen sich schnell als echter Verkaufshit, gerieten in Isigny aber fast in Vergessenheit, auch weil das Unternehmen Dupont-d'Isigny nach Carentan übersiedelte. 1994 wurde ein neues Unternehmen gegründet, das seitdem die Tradition der Karamellherstellung fortführt. 

Beide Unternehmen unterhalten einen Werksverkauf, der von den Caramel d'Isigny ist eine schlimme Versuchung, in der es viel Süßkram, aber auch Andenken zu kaufen gibt. Neben dem Werksverkauf könnt Ihr auch der Karamellherstellung beiwohnen und unvergleichlich leckeres Softeis essen. In den Sommermonaten stehen lange Schlangen vor der Eisausgabe! Auch der Werksverkauf der auf traditionelle Milcherzeugnisse ausgelegten Kooperative Isigny Ste.-Mère offeriert Softeis. Die Rezepturen der beiden Fabriken weichen ein kleines bisschen voneinander ab – lecker sind aber beide!

(Mein persönlicher Favorit ist – natürlich – das Karamelleis!)

 

Isigny und Disney

Neben der Milch hat Isigny ein weiteres Geheimnis innerhalb seines Stadtgebiets versteckt, das des zu lüften gilt: nämlich die Verbindung zu Disney. Denn Walt Disney hat adliges Blut in seinen Adern, das von Robert und Hugues Suhard, die als Dank für die Unterstützung bei der Eroberung Englands 1066 von Wilhelm dem Eroberer den Titel Grafen von Isigny tragen durften. Damit nicht genug: Hugues und Robert d'Isigny, wie sie nun genannt wurden, nahmen Williams Landangebot an und ließen sich in Lincolnshire in England nieder. Im Laufe der Jahre wurde der französische Nachname der Familie „d'Isigny“ anglisiert (schließlich ist d'Isigy ein Zungenbrecher, nicht nur für Engländer!) und wurde zu „D'Isney“, dann zu „Disney“, und das Dorf, in dem sie siedelten, wurde nach ihnen Norton Disney genannt. Im 17. Jahrhundert zog ein Zweig der Familie Disney nach Irland, und 1834 wanderte ein gewisser Arundel Elias Disney mit seiner Familie aus der Grafschaft Kilkenny in die Neue Welt aus. Dies war Walt Disneys Urgroßvater und der Beginn der Geschichte der Familie Disney in Nordamerika.

Tafel im Disney-Garten in Isigny-sur-Mer in der Normandie.
Der Disney-Garten in Isigny erinnert an die Familienbande zwischen der Fischerstadt in der Normandie und Walt Disney.

An die Familienbande erinnert der 2016 eingeweihte Disneygarten und das kleine Museum Walt d'Isigny im Rathaus, das Ihr kostenfrei besichtigen könnt (Hunde sind leider nicht erlaubt; geöffnet samstags von 14 bis 17 Uhr, während der Schulferien Dienstag, Donnerstag, Freitag und Samstag von 14 bis 17 Uhr).

In Isigny war Walt Disney wohl nie, auch wenn ihm der Ursprung seiner Familiengeschichte bekannt war und das Familienwappen auf die Stadt in der Normandie anspielt. Wohl aber war er in Cherbourg, wo er am Ende des Ersten Weltkriegs als Mitglied des Sanitätskorps anlandete. Auch soll er die Normandie bereist und sich hier Inspiration geholt haben, zum Beispiel für sein Dornröschenschloss am Mont-Saint-Michel. Ehrensache für das Disneyland in Paris übrigens, dass Ihr hier Butter aus Isigny bekommt :-) .

Raus ins Grüne bis zur Baie des Veys

Wenn Ihr mit dem Hund in Isigny laufen wollt, bietet sich ein Spaziergang entlang der Aure an. Zunächst geht es entlang der Hafenkais des einst prospierenden Hafens, schließlich dann über einen Feldweg bis zur Mündung von Vire und Aure, einem herrlich verwunschenen Ort mit marodem Charme. Zwischen Innenstadt und Leuchtfeuer an der Flussmündung befindet sich zudem deine neu angelegte Parkanlage, die Espace Fanal mit Kinderspielplätzen und Picknickgruppen. Direkt daneben liegt ein kostenloser Wohnmobilstellplatz (Ver- und Entsorgung vorhanden). Ein Stück weiter findet Ihr zudem einen Campingplatz. Auch auf der anderen Uferseite kann man herrlich spazieren gehen – bis weit in die Baie des Veys.

Bildimpressionen aus Isigny

In der Umgebung von Isigny

Seit der letzten Gemeindereform gehören weitere Dörfer zu Isigny, die es zu erkunden lohnt: Vouilly, Neuilly, Castilly und Les Oubeaux. Der Château in Vouilly war während der Landung der Alliierten, vom 10. Juni bis 10. August 1944, ein wichtiges Pressezentrum, in dem sich Journalisten und Fotografen wie Robert Capa, Ernest Hemingway, Walter Cronkite, Ernie Pyle und Andy Roony die Klinke in die Hand gaben. Während des D-Day-Festivals öffnet das Schloss daher fürs breite Publikum seine Pforten. Den Rest des Jahres ist es ein feudales Chambre d'Hôtes (Hunde leider nicht erlaubt). Weitere Schlösser sind der Château de Castilly (Privatbesitz) und der Château de Neuilly-la-Fôret, das aus dem 11. Jahrhundert stammt. Ein Rundgang lohnt durch die Marais de Neuilly, wo Ihr einen kleinen Rundweg und einen längeren Spazierweg mit 7 Kilometer Länge für Eure Erkundungen nutzen könnt. Den Flyer zur Wanderung könnt Ihr Euch hier herunterladen (auf Französisch).

Alte Mopeds stehen in der Station 70 in Osmanville in der Normandie.
Ein El Dorado für Freunde von Zweirädern und Autos ist die Station 70.

Osmanville gehört nicht mehr zu Isigny, ist aber der direkte Nachbarort Richtung Caen. Macht bei Eurem Ausflug Stopp in der Station 70, einem kleinen Privatmuseum. Ihr taucht hier ganz in die Welt des Motorsports und der mobilen Fortbewegung ein. Ein Teil der Ausstellung beschäftigt sich zudem mit dem D-Day. Der Besitzer, ein echter Enthusiast, führt sonntags auch zum nahegelegenen WN89, einer Bunkeranlage an der Baie des Veys. Kleine Erfrischungen und Snacks gibts im Bistro der Station 70 obendrauf. Hunde sind erlaubt. Geöffnet ist in den Sommermonaten täglich von 14 bis 19 Uhr

Transparenzhinweise

Alle Informationen wurden sorgfältig recherchiert. Erfahrungen beruhen auf meinen persönlichen Erlebnissen. Wir haben Isigny mehrmals besucht und auch völlig selbstlos das Eis für Euch probiert :-). Die im Artikel enthaltenen Links dienen Eurer Information und die Erwähnung von Orten und Produkten ist unentgeltlich und aus Überzeugung. Für das Erstellen des Artikels und die Fotos kam keinerlei künstliche Intelligenz zum Einsatz.

Der Artikel ging am 11. Februar 2025 online. Stand der Informationen: Februar 2025.

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