Die Normandie steckt voller Geschichte. Und sie erzählt auch die Geschichte von der Befreiung Europas im Zweiten Weltkrieg. Entlang der Landungsstrände auf dem Cotentin und im Calvados zeigen zahlreiche Museen, wie sich die Operation Overlord abspielte. Das D-Day-Festival, das alljährlich Anfang Juni stattfindet, lädt die Besucher ebenfalls dazu ein, das Geschehen nachzuempfinden. Eines der Museen, die auch die Sicht der deutschen Besatzer beleuchten, ist die Batterie de Crisbecq bei Saint Marcouf, und sie kann auch mit Hund besucht werden.
Mit dem Bau der Anlage wurde 1942 begonnen und so war sie zum Zeitpunkt der Landung der Alliierten teilweise noch im Bau. Zwei der Kasematten – ein vor Artilleriebeschuss geschütztes Gewölbe – waren aber bereits mit 210-mm-Langrohrkanonen bestückt. Eine weitere Kanone war behelfsmäßig in einer Ringstellung installiert worden. Diese drei Kanonen hatten je eine Reichweite bis zu 33 Kilometern und konnten somit die gesamte Bucht von Saint-Vaast- La-Hague bis zur Pointe du Hoc abdecken. Sie stellten für die gesamte Operation Overlord eine erhebliche Bedrohung dar. Deshalb wurde die Stellung immer wieder im Frühjahr 1944 bombardiert – zuletzt am 5. Juni – ohne sie wirklich zu zerstören. So war es denn auch der Befehlshaber der Batterie, Oberleutnant Walter Ohmsen, der als einer der Ersten den Angriff der Alliierten vermelden konnte. Im Morgengrauen des 6. Juni erteilte Ohmsen seinen Männern des Befehl, die alliierte Flotte unter Beschuss zu nehmen. Dabei wurde – so viel gilt heute als gesichert – der Zerstörer USS Corry versenkt und weitere Schiffe der Alliierten beschädigt. Nachdem die Alliierten die beiden Kasematten beschossen und die Kanonen zerstört hatten, nahmen die Deutschen mit dem provisorischen Geschütz Utah Beach unter Beschuss. Erst am Abend gelang es, auch diese Kanone auszuschalten. Dennoch gab die Truppe auf dem Hügel nicht auf: Am 7. Juni wehrte sie zwei Angriffe der Amerikaner ab und reparierten in der Nacht zum 8. Juni die zerstörten Geschütze, um den Strand erneut unter Beschuss zu nehmen. Am 8. Juni gelang amerikanischen Truppen, die Batterie einzunehmen, woraufhin Ohmsen sich mit seinen Männern in den Bunkern verschanzte und um Feuerunterstützung der nahegelegenen Batterie Azeville bat. Der Plan ging auf – die Amerikaner flohen vor dem Beschuss. Allerdings starben auch zahlreiche eigene Soldaten, deren Unterstand ebenfalls getroffen worden war. Erst am 11. Juni setzte sich die dezimierte Truppe auf die deutschen Linien ab. Von über 400 Soldaten gelang gerade 78 die Flucht – zurück blieben 307 Tote, 21 Verwundete und die während der Schlacht gefangene US-Soldaten. Am 12. Juni nahmen US-Truppen die Batterie ein.
Lange Zeit war die Batterie einfach dem Verfall überlassen, Gras und Bäume wucherten über die blutige Geschichte hinweg. Erst zum 60. Jahrestag des D-Day wurden die Bunker ausgegraben, Geschütze aufgebaut und Dioramen installiert, um das Geschehen zu veranschaulichen. Es ist schon ein wenig unwirklich, über 70 Jahre nach dem Geschehen hier oben zu stehen, den Blick aufs Meer zu richten und zu ahnen, wie es wohl gewesen sein mag, damals im Juni 1944. Es ist ein Bild des Friedens, das sich heute bietet, und dennoch, den dicken Beton unter den Füßen vermag man den Pulverdampf fast zu riechen, die Schreie der Sterbenden und Verwundeten zu hören. Es fällt schwer, wirklich nachzuvollziehen, welcher Größenwahn die Deutschen getrieben hat, als sie Europa in den Abgrund des Krieges rissen. Es erscheint geradezu aberwitzig, dieses Bauvorhaben Atlantikwall und völlig abstrus, eine Übermacht alliierter Soldaten solange unter Beschuss zu nehmen, bis schließlich der Befehl zum Abzug kommt. Man kann es nicht erklären, hier oben, in Marcouf, kann man etwas davon spüren.
Okay, zugegeben: Sonderlich spannend fanden meine Hunde den Besuch nicht. Trotzdem sind sie brav in alle Bunker mit reingetrottet. Die Batterie Crisbecq ist eine der wenigen Anlagen, die überhaupt mit Hund besucht werden kann und die so gut gepflegt ist. Von daher: Wenn Ihr Euch für die Geschichte des D-Days interessiert, ist der Besuch auf jeden Fall zu empfehlen. An der Kasse gibt es ein Faltblatt, auf dem die Stationen erklärt sind. Auf Englisch und Französisch sind zudem Audioguides erhältlich. An einigen Geschützen sind zusätzlich Schautafeln installiert. Die Dioramen und historischen Fotos veranschaulichen das Leben der deutschen Besatzer. Bedrückt hätte mich die Stimmung in den unterirdischen Bunkern allerdings auch ohne Illustration (und zum Fotografieren hätte ich mir definitiv mehr Licht gewünscht). Am beeindruckensten sind aber die Geschütze, angefangen von der großen Kassematte gleich am Anfang bis hin zu den kleineren Geschützen, die rund um die Anlage verteilt sind. Am Ende des Rundwegs, der eine dreiviertel bis eine Stunde in Anspruch nimmt verlässt man die Anlage durch einen kleinen Kiosk mit Souvenirs und kalten Getränken, für Hunde gibt es einen Napf voll Wasser. Extra-Tipp: Auf der anderen Seite der Straße wurde im Juli 2016 im ehemaligen Kommandostand ebenfalls ein Museum eingerichtet, das Ihr ebenfalls mit Hund besuchen dürft. Hier befindet sich außerdem eine kleine Bar für kalte Getränke und Kaffee.
Batterie de Crisbecq: Geöffnet von April bis zum 13. November. April, Mai, Juni, September, Oktober, November von 10 bis 18 Uhr, Juli und August 10 bis 19 Uhr. Eintritt: 10,50 € Erwachsene, Kinder von sechs bis 14 Jahren 6,50 €, Kinder unter sechs Jahren bezahlen keinen Eintritt. http://www.batterie-marcouf.com/
Marcouf44: Neues Museum im ehemaligen Kommandostand. Geführte Besichtigung der unterirdischen Bunker, Erwachsene 6 €, Kinder unter 16 Jahren kostenfrei. Öffnungstage sind der Homepage zu entnehmen: https://www.marcouf44.com/english-spoken/