Alles war gut vorbereitet, die Spannung stieg am Abend des 26. Juni 2019: Saint-Vaast-La-Hougue wurde zum "Lieblingsdorf der Franzosen" gekürt. Die Stadt hatte eigens einen Großbildschirm aufgebaut, damit Bewohner und Gäste die Ausstrahlung der Sendung gemeinsam verfolgen konnten. 14 Orte hatten sich um den Titel des Fernsehsenders France 3 beworben, 710.000 Menschen aus ganz Frankreich abgestimmt. Zum Schluss konnte das Hafenstädtchen im Val de Saire das Siegertreppchen erklimmen. Was es zu sehen gibt und ob sich der Besuch lohnt, verrate ich Euch im nachfolgenden Artikel.
Franzosen lieben ihre Labels und ihre kleinen Wettbewerbe, und nicht selten schmücken gleich mehrere Auszeichnungen das Ortsschild. Saint-Vaast-La-Hougue ist bereits mit zwei Blumen des Labels "Villes et Villages Fleuri" und den beiden unter UNESCO Welterbe stehenden beiden Vauban-Türmen dekoriert. Im Sommer 2019 kam also noch der Zuschauerpreis dazu, von dem sich die Gemeinde mit den rund 1.800 Einwohnern einen weiteren Boom für den Tourismus erhofft.
Der Schrei der Möwen liegt über allem. Unablässig kreuzen sie an diesem windigen Junitag über dem Hafen und der Stadt, stets auf der Lauer nach einem unverhofften Snack von einem der Fischerboote. Da wird um die Mittagszeit am Schiff geschweißt, Netze liegen zum Trocknen. Ein Hobbykapitän verpasst seiner kleinen Jacht den letzten Schliff, bevor die Sommersaison startet. Der Fischereihafen ist der drittgrößte in der Manche, der Jachthafen hat 760 Plätze, von denen 80 für Besucher reserviert sind und darf sich zudem mit dem Label Pavillon Bleu für besonderes Umweltmangement schmücken. Es ist Ebbe, kein Boot fährt aus. Draußen in der Bucht sind die Austernzüchter bei der Arbeit, das Amphibienboot kehrt von einem Ausflug von der Insel Tatihou zurück und ein wackerer Postbote quält den gelben Kangoo durchs spritzende Watt. In den unzähligen Restaurants rund um den Hafen werden in windgeschützen Wintergärten Austern geschlürft. Der Rundgang rund um den Hafen ist quasi Pflicht, es gibt viel fürs Auge und in der parkähnlichen Anlage auch viel für die Hundenase. Daneben solltet Ihr Euch ein bisschen Zeit nehmen, durch die Gassen und Straßen der Innenstadt zu schlendern. An jedem zweiten Haus gibt es etwas zu entdecken. Ähnlich wie Barfleur entfaltet auch Saint-Vaast seine Schönheit erst auf den zweiten Blick – es sind wirklich die vielen kleinen Details, die den Charme des Dorfes ausmachen.
Saint-Vaast-La-Hougue kann auf einige bedeutsame geschichtliche Ereignisse zurückblicken. So landeten am 12. Juli 1346 Edward III. von England und sein "der schwarze Prinz" genannte Sohn mit 20.000 Mann in der Stadt und eroberte anschließend die Normandie. Die Buchten von Saint-Vaast und Barfleur waren 1692 Schauplatz der Schlachten von Barfleur und La Hougue. Während die Schlacht von Barfleur bis heute von den Franzosen als strategischer Sieg über die englisch-holländischen Truppen angesehen wird, verlor die Flotte von Admiral Tourville die Schlacht von Saint Vaast. Elf Schiffe strandeten bei Tatihou und Saint-Vaast und wurden vom Gegner niedergebrannt. Der französische Plan, England zu besetzen, wurde daraufhin von Ludwig XIV fallengelassen. Als direkte Folge der Schlachten wurden ab 1694 von Benjamin de Combes, einem Schüler Vaubans, die beiden Wehrtürme auf Tatihou und der Landzungen La Hougue errichtet. Damit konnten die Buchten vor feindlichen Übergriffen geschützt werden. 1730 wurde die erste Schutzmauer errichtet, um die 33 Ortschaften rund um Saint-Vaast vor Überflutungen zu schützen. Grundsteinlegung des Fischereihafens war 1828. Die Schleuse, die ein Leerlaufen des Hafenbeckens bei Ebbe verhindert, wurde erst 1982 eingeweiht. Der Hafen von Saint Vaast war am 21. Juni 1944 der erste Hafen am Ärmelkanal, den die Alliierten befreit haben. Der Name La Hougue leitet sich vom skandinavischen Wort haugr wie Höhe ab. In der Revolutionszeit von 1792 bis 1795 wurde der Ort La Hougue und Port-la-Hougue genannt. Anschließend hieß er bis 1888 Saint-Vaast und heißt seitdem Saint-Vaast-la-Hougue. Was auf den ersten Blick wie ein Zungenbrecher aussieht, spricht sich ganz einfach sɛ̃.vaːlaug.
Kommt mit auf einen kleinen Rundgang durch Saint-Vaast-la-Hougue. Nicht versäumen solltet Ihr:
Der Veranstaltungskalender in Saint-Vaast-La-Hougue ist prall gefüllt. Mitnehmen könnt Ihr zum Beispiel:
Bei unserem Rundgang haben wir viele Hunde und ihre Menschen getroffen. Offiziell sind Hunde am Strand vom 1. Juli bis 31. August verboten, allerdings haben wir nirgends Verbotsschilder gesehen. Kotbeutelspender aber leider auch nicht :-O .
Wir waren am 27. Juni 2019 in Saint-Vaast-Le-Hougue, dieser Artikel ging am selben Abend online.