"L'Odeur de mon pays, elle est dans une pomme" – der Duft meines Landes, er steckt in einem Apfel – schrieb die normannische Autorin
Lucie Delarue-Mardrus. Es ist eines meiner Lieblingszitate, denn im Apfel konzentriert sich alles was die Normandie ausmacht, der Wind, der Regen eines Frühsommertages, die salzhaltige Luft. Im
Herbst, wenn die Äpfel für den Cidre eingesammelt werden, hängt dieser charakteristische Apfelduft über allem.
Guten Cidre und Calvados bekommt Ihr überall in der Normandie, oft reicht es, den Schildern am Straßenrand zu folgen, um ein kleines Juwel zu entdecken. Oder auf den Märkten der Region sich an einem Stand von einem Brenner zu einem Gläschen verführen lassen. Mit Cidre, Pommeau und Calvados könnt Ihr nur wenig falsch machen, solange Ihr handwerklich gefertigte Produkte (und keine Industrieware im Supermarkt) kauft. Geballt kennenlernen könnt Ihr das flüssige Gold aus dem Apfel auf der Route du Cidre im Pays d'Auge, im Hinterland von Cabourg.
Auf rund 40 Kilometern schlängelt sich die Route du Cidre durchs Herz des Pays d'Auge. Rund zwanzig Erzeuger von Cidre, Calvados und Co. könnt Ihr entdecken. Außerdem lernt Ihr die pittoresken Orte Beuvron-en-Auge, Cambremer, Bonnebosq und Beaufour-Druval kennen. Ihr seht riesige Gestüte – in der Tat könnte die Strecke auch Route des haras heißen. Hier soll es aber nun um den Apfel gehen.
Die Cidre tragen hier die geschützte Herkunftsbezeichnung Pays d'Auge (AOP Pays d'Auge). Die meisten Produzenten bieten Euch ihre Erzeugnisse zum Verkauf – und auch zum Probieren an. Vielerorts sind auch Besichtigung des Hofes möglich. Alle Hersteller findet Ihr durch Hinweisschilder entlang der Straße, die im übrigen gut beschildert ist.
Die Route du Cidre war übrigens die erste Touristenstraße, die in der Normandie entstanden ist: Ihre Geburtsstunde schlug bereits im Jahr 1974. Ins Leben gerufen wurde sie von den Produzenten selbst, die sich dadurch eine bessere Vermarktung ihrer Produkte versprach.
Habt Ihr eine romantische Vorstellung von kleinen Streuobstwiesen, die sich malerisch in die Gegend einfügen, von fröhlichen Bauern, die jeden Apfel einzeln vom Baum holen und pressen? Auf der Route de Cidre wurde ich schnell eines besseren belehrt: Tatsächlich sind die Apfelplantagen groß, sogar riesig. Irgendwo im Labyrinth der Haine steht dann das Haus des wackeren Apfelbauern, die durchaus passable Mengen an Cidre, Calvados und Co. herstellen. Trotzdem ist die Cidreherstellung immer noch mit viel Handarbeit verbunden. Wie zum Beispiel bei Jean-Louis Caignon, der (bescheidene!) zehn Hektar Apfelplantagen an der Route du Cidre bewirtschaftet und einen zusätzlichen Hektar in Lion-sur-Mer, wo er seine Cuvée de la mer herstellt. In Lion-sur-Mer befindet sich auch die Kelterei und der Laden des Quereinsteigers, der von 1970 bis 2010 als Apothekenhelfer in Lion-sur-Mer gearbeitet hat. Erst im Jahr 2000 pflanzte er seine Apfelbäume, geerntet werden die Früchte tatsächlich bis heute per Hand.
Auch bei den anderen Cidrerien könnt Ihr sicher sein, noch echten, handwerklich hergestellten Cidre und Calvados zu bekommen, zu einem Teil sogar in Bioqualität.
Klar, Ihr fahrt nicht nur wegen der guten Apfelerzeugnisse in den Calvados. Auf der Route du Cidre liegen ein paar Sehenswürdigkeiten, die Ihr "quasi nebenbei" noch mitnehmen könnt:
Sehr schade finde ich, dass es außerhalb der Cidrerien und Dörfer nur wenig Möglichkeiten für einen Stopp gibt. Einfach mal kurz halten und ein Fachwerkhaus oder eine Apfelplantage knipsen ist nur eingeschränkt möglich, zumal der Verkehr inklusive der Reisebusse auf den schmalen Sträßchen nicht ohne ist.
Tipp: Wenn Ihr mit dem Wohnmobil unterwegs seid, gibt es sowohl in Beuvron-en-Auge (35 Stellplätze, 10 Euro inklusive Wasser und Abwasser) als auch in Cambremer (12 Plätze, kostenlos) Wohnmobilstellplätze.
Gefeiert wird natürlich auch! Im Frühjahr, um den 1. Mai, steht das Festival des AOC AOP de Cambremer auf der Agenda. Etwas größere Erzeuger laden außerdem zu ihren eigenen Hoffesten ein. Der Château de Crèvecœur en Auge ist im August Schauplatz eines Mittelalterfestes. Ebenfalls im August wird die "Pommes Party" gefeiert, bei der Euch gleich neun Produzenten in Grange aux Dimes de Cambremer mit ihren Erzeignissen verwöhnen. Dieses Jahr gehen die Feierlichkeiten noch bis zum 28. August. Den Abschluss im Jahreslauf bildet dann die Fête du Cidre in Beauvron-en-Auge Ende Oktober – dann nämlich ist die Apfelernte eingefahren. Ich würde Euch in jedem Fall raten, entweder im Frühjahr (Apfelblüte) oder im Herbst (Apfelernte) die Route du Cidre zu besuchen.
Mehr Infos zur Route du Cidre findet Ihr auf der Homepage.
Transparenzhinweis: Wir haben die Route du Cidre Anfang Mai 2022 besucht, der Artikel ist seit August 2022 online. Alle Erwähnungen/Namensnennungen erfolgen unentgeltlich, Links dienen Eurer persönlichen Information, ohne die dieser Artikel unvollständig wäre.