Das Beste vom Apfel auf der Route du Cidre

"L'Odeur de mon pays, elle est dans une pomme" – der Duft meines Landes, er steckt in einem Apfel – schrieb die normannische Autorin Lucie Delarue-Mardrus. Es ist eines meiner Lieblingszitate, denn im Apfel konzentriert sich alles was die Normandie ausmacht, der Wind, der Regen eines Frühsommertages, die salzhaltige Luft. Im Herbst, wenn die Äpfel für den Cidre eingesammelt werden, hängt dieser charakteristische Apfelduft über allem.

Ein Korb mit Äpfeln und zwei läser Cidre stehen auf einem Tisch in der Normandie. Foto: Jean-Michel Gatey / Calvados Attractivité
Der Cidre steht im Mittelpunkt der Route du Cidre im Pays d'Auge. Foto: Jean-Michel Gatey / Calvados Attractivité

Guten Cidre und Calvados bekommt Ihr überall in der Normandie, oft reicht es, den Schildern am Straßenrand zu folgen, um ein kleines Juwel zu entdecken. Oder auf den Märkten der Region sich an einem Stand von einem Brenner zu einem Gläschen verführen lassen. Mit Cidre, Pommeau und Calvados könnt Ihr nur wenig falsch machen, solange Ihr handwerklich gefertigte Produkte (und keine Industrieware im Supermarkt) kauft. Geballt kennenlernen könnt Ihr das flüssige Gold aus dem Apfel auf der Route du Cidre im Pays d'Auge, im Hinterland von  Cabourg.

Auf der Route du Cidre unterwegs

Auf rund 40 Kilometern schlängelt sich die Route du Cidre durchs Herz des Pays d'Auge. Rund zwanzig Erzeuger von Cidre, Calvados und Co. könnt Ihr entdecken. Außerdem lernt Ihr die pittoresken Orte Beuvron-en-Auge, Cambremer, Bonnebosq und Beaufour-Druval kennen. Ihr seht riesige Gestüte – in der Tat könnte die Strecke auch Route des haras heißen. Hier soll es aber nun um den Apfel gehen.

Die Cidre tragen hier die geschützte Herkunftsbezeichnung Pays d'Auge (AOP Pays d'Auge). Die meisten Produzenten bieten Euch ihre Erzeugnisse zum Verkauf – und auch zum Probieren an. Vielerorts sind auch Besichtigung des Hofes möglich. Alle Hersteller findet Ihr durch Hinweisschilder entlang der Straße, die im übrigen gut beschildert ist.

Die Route du Cidre war übrigens die erste Touristenstraße, die in der Normandie entstanden ist: Ihre Geburtsstunde schlug bereits im Jahr 1974. Ins Leben gerufen wurde sie von den Produzenten selbst, die sich dadurch eine bessere Vermarktung ihrer Produkte versprach.

Interaktive Karte

Exkurs – von wegen Romantik!

Habt Ihr eine romantische Vorstellung von kleinen Streuobstwiesen, die sich malerisch in die Gegend einfügen, von fröhlichen Bauern, die jeden Apfel einzeln vom Baum holen und pressen? Auf der Route de Cidre wurde ich schnell eines besseren belehrt: Tatsächlich sind die Apfelplantagen groß, sogar riesig. Irgendwo im Labyrinth der Haine steht dann das Haus des wackeren Apfelbauern, die durchaus passable Mengen an Cidre, Calvados und Co. herstellen. Trotzdem ist die Cidreherstellung immer noch mit viel Handarbeit verbunden. Wie zum Beispiel bei Jean-Louis Caignon, der (bescheidene!) zehn Hektar Apfelplantagen an der Route du Cidre bewirtschaftet und einen zusätzlichen Hektar in Lion-sur-Mer, wo er seine Cuvée de la mer herstellt. In Lion-sur-Mer befindet sich auch die Kelterei und der Laden des Quereinsteigers, der von 1970 bis 2010 als Apothekenhelfer in Lion-sur-Mer gearbeitet hat. Erst im Jahr 2000 pflanzte er seine Apfelbäume, geerntet werden die Früchte tatsächlich bis heute per Hand.

Auch bei den anderen Cidrerien könnt Ihr sicher sein, noch echten, handwerklich hergestellten Cidre und Calvados zu bekommen, zu einem Teil sogar in Bioqualität.

Was Ihr auf der Route du Cidre noch erleben könnt

Klar, Ihr fahrt nicht nur wegen der guten Apfelerzeugnisse in den Calvados. Auf der Route du Cidre  liegen ein paar Sehenswürdigkeiten, die Ihr "quasi nebenbei" noch mitnehmen könnt:

  • Der Ort Beuvron-en-Auge zählt mit zu den "schönsten Dörfern Frankreichs".  Vor allem Sehenswert: Die hübschen Fachwerkhäuser aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert. Bis in die 1970er Jahre drohte das Gerber- und Weberdorf zu verwaisen. Die Gemeinde steuerte entgegen und heute ist das Dorf quasi ein Freilichtmuseum, das in den pittoresken Häusern kleine Restaurants und Andenkenläden beherbergt. Das Restaurant in der Markthalle im Mittelpunkt des Ortes kann sogar mit einem Michelin-Stern glänzen. (Mit der Besichtigung des Ortes seid Ihr jedenfalls schnell durch, da der Ort recht klein ist, als alleiniges Reiseziel werden sicher manche enttäuscht sein).
  • Cambremer ist ebenfalls ein Örtchen mit viel Charme, das Ihr durchstreifen könnt. Hier sind auch die Jardins du Pays d'Auge, die ich Euch ausführlich vorstelle. 
  • Etwas südlich von Cambremer findet Ihr das ungewöhnliche Eckhaus Le Cadran mit seinen Holzschindeln und seiner Giebeluhr. Das Haus war einst eine Poststation oder ein Gasthaus (oder beides) und wurde mit großem Aufwand restauriert (der starke Verkehr an der Straßenkreuzung setzt aber dem Haus heftig zu). 
  • Einen Abstecher wert ist von Cambremer aus auf alle Fälle der Château de Crèvecoeur. 
Auf der Route de Cidre in Cambremer. Getäfeltes Haus, Abzweig der Straße.
Weniger bekannt, aber ebenfalls ein netter Ort zum Bummeln in Cambremer, die Hauptstadt der Cidre-Produktion
  • Bonnebosq wirkt auf den ersten Blick unaufgeregt und untouristisch. Und ist ein echter Geheimtipp. So wie das winzige kleine Restaurant La Dorette an der Hauptstraße (nur mittags von 12 bis 14.45 Uhr geöffnet!), das Euch authentische Küche der Region ohne Chi-Chi serviert.
  • Gut gefallen hat es mir zudem Beaufour-Druval mit seinen netten Fachwerkhäusern. Überhaupt sind die Fachwerkhäuser so typisch für den Pays d'Auge – eine völlig andere Architektur als auf dem Cotentin erwartet Euch. Überrascht hat mich, dass viele der schmucken Bauten wohl lange Jahre dem Verfall preisgegeben waren – und erst jetzt, mit dem Post-Corona-Immobilienboom, Liebhaber gefunden haben, die ihnen neues Leben einhauchen.
  • Einen wahnsinnigen Blick über das Land bekommt Ihr an der Chapelle de Clermont – vorausgesetzt es ist nicht ganz so diesig, sondern klar, seht Ihr den gesamten Pays d'Auge. Der Aussichtspunkt ist ausgeschildert.

Sehr schade finde ich, dass es außerhalb der Cidrerien und Dörfer nur wenig Möglichkeiten für einen Stopp gibt. Einfach mal kurz halten und ein Fachwerkhaus oder eine Apfelplantage knipsen ist nur eingeschränkt möglich, zumal der Verkehr inklusive der Reisebusse auf den schmalen Sträßchen nicht ohne ist.

Tipp: Wenn Ihr mit dem Wohnmobil unterwegs seid, gibt es sowohl in Beuvron-en-Auge (35 Stellplätze, 10  Euro inklusive Wasser und Abwasser) als auch in Cambremer (12 Plätze, kostenlos) Wohnmobilstellplätze.

Calva, Cidre & Co live erleben

Gefeiert wird natürlich auch! Im Frühjahr, um den 1. Mai, steht das Festival des AOC AOP de Cambremer auf der Agenda. Etwas größere Erzeuger laden außerdem zu ihren eigenen Hoffesten ein. Der Château de Crèvecœur en Auge ist im August Schauplatz eines Mittelalterfestes. Ebenfalls im August wird die "Pommes Party" gefeiert, bei der Euch gleich neun Produzenten in Grange aux Dimes de Cambremer mit ihren Erzeignissen verwöhnen. Dieses Jahr gehen die Feierlichkeiten noch bis zum 28. August. Den Abschluss im Jahreslauf bildet dann die Fête du Cidre in Beauvron-en-Auge Ende Oktober – dann nämlich ist die Apfelernte eingefahren. Ich würde Euch in jedem Fall raten, entweder im Frühjahr (Apfelblüte) oder im Herbst (Apfelernte) die Route du Cidre zu besuchen.

Kleine Warenkunde

  • Der Cidre wird aus den berühmten Mostäpfeln hergestellt, und jeder Erzeuger hat sein eigenes Rezept! Cidre hat in der Regel einen Alkoholgehalt von 3,5 bis 6 Prozent (manche Sorten schaffen es auf 8) und wird aus dem Saft der Äpfel hergestellt, den man gären lässt. Ein guter Cidre braucht nicht nur viel Handarbeit, sondern ebenso viel Zeit zum Reifen: drei bis sechs Monate darf der Apfelwein sein Aroma entfalten, je nachdem, ob es einen süßen oder herben Apfelsaft geben soll. Cidre doux ist der süßeste und am wenigsten alkoholhaltige Cidre (kürzeste Gärung), während Cidre brut, das Ergebnis einer längeren Gärung, mehr Alkohol und weniger Zucker enthält. Aber nicht nur der Alkoholgehalt und der Gärungsgrad des Apfelweins sind wichtig für den Geschmack des Getränks, sondern auch die verwendete(n) Apfelsorte(n). Wie beim Wein ist es auch beim Cidre die Mischung der verschiedenen Apfelsorten (sauer, süß, bitter), die den Geschmack des Cidres prägt. Immerhin kennt Frankreich 400 verschiedene Mostäpfelsorten!
  • Calvados ist ein Branntwein, der von Kennern als der schönste Ausdruck des Apfels angesehen wird. Anders als der Name vermuten lässt, stammt der Branntwein ursprünglich vom Cotentin. Erst im 19. Jahrhundert setzte sich die Bezeichnung des Départements auch für den Apfelbrand durch.
  • Der Pommeau wird aus Apfelsaft und Calvados hergestellt und sehr kalt getrunken. Aber Vorsicht: Er hat immerhin einen Alkoholgehalt von 17 Prozent!
  • Poiré wird, wie der Name schon sagt, aus vergorenem Birnensaft hergestellt, ähnlich wie Cidre. Man erkennt ihn an seiner schönen blassgelben Farbe und seinem zarten Sprudeln.

Mehr Infos zur Route du Cidre findet Ihr auf der Homepage.

 

Transparenzhinweis: Wir haben die Route du Cidre Anfang Mai 2022 besucht, der Artikel ist seit August 2022 online. Alle Erwähnungen/Namensnennungen erfolgen unentgeltlich, Links dienen Eurer persönlichen Information, ohne die dieser Artikel unvollständig wäre.

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